Des Fotografen bester Freund: Der Assi 1

Eine Kurzweilige Sicht auf ein oft unterschätztes Produktionsmitglied.

Warum braucht ein Portraitfotograf outdoor einen Assistenten – das bißchen Fotografieren mach ich doch lieber alleine? (Hört man ab und zu).
Neben der Kamera, braucht der Fotograf nichts so dringend wie einen Assistenten. Ein Assi – und der Begriff ist nicht herabwürdigend – ist nicht nur bei Portrait-Shootings so essentiell wichtig, dass jeder, der Assistenten einsetzt, zustimmen wird und nur ungern ohne Assi zum Shooting loszieht, und eventuell bei nicht vorhandenem Assi ein Shooting umterminiert.

Was macht der Assi eigentlich? Er macht fast alles! Und das ist das Schöne! Er ist schon bei der Planung eines Shootings dabei, kennt Location und Ausrüstung, hat gutes fotografisches Wissen und Erfahrung, ist fit im Erkennen des nächsten Moments, er sieht faktisch alles, bis hin zum Fussel auf der Jacke des Models, weiß welches Equipment gleich gebraucht wird, arrangiert Licht, hält Aufheller und Reflektor selbstständig und richtig, kleine Anmerkungen des Fotografen spulen bei ihm ein Programm an Aufgaben ab, die er abarbeitet. Er hält nicht nur sprichwörtlich ‚die Klappe‘, sondern weiß, wenn der Fotograf nicht mit ihm spricht, macht er alles richtig.

Wer wäre der falsche Assi? Eine Person, die keine Ahnung von – und kein Interesse an der Fotografie hat, ist sicherlich der falsche Assistent. Jeder, dem das gewisse Einfühlungsvermögen für den Fotografen und seine Zielsetzungen beim Shooting fehlen, ebenfalls. Hinderlich ist es auch, wenn der Fotograf dem Assi nichts sagen traut, oder der Assi Respektsprobleme mit ihm oder mit seinem Job hat.

Assistent zu sein bedeutet kein Halb- oder Dreiviertelfotograf zu sein, sondern dies ist ein eigenständiger Job. In der Filmbranche, ist jeder Produktionsbereich auch in Assistenzen ausgegliedert. Es gibt dort Regieassistenten, Tonassistenten, Kameraassistenten, Produktionsassistenten, Kostümbildassistenten, Filmarchitektassistenten, Schnittassistenten, Assistenten des Lichts, Kamerabühnenassistenz und viele weitere – und jeder Assistenz-Job ist ein eigenständiger Beruf. Eine Filmproduktion ist gegenüber der Fotografie natürlich aufwändiger und mehrdimensional, trotzdem geht es auch in der Fotografie nicht ohne Produktionspartner. Der Assistent ist der Eine, eine Visa/Stylist/in ein anderer wichtiger Job (die Wichtigkeit dieses Part erkläre ich mal separat).

Der ideale Fotografen-Assistent ist selbst Fotograf, und selbst in diesem Spezialbereich der Fotografie tätig. Dann weiß er am besten, was zu tun ist. Befreundete Fotografen können sich mal abwechseln (natürlich nur an unterschiedlichen Fotojobs) oder sich gute Assistenten empfehlen.

Bei einem guten Fotografen Assistent zu sein, ist übrigens eine Auszeichnung – das ist sicher in jedem Kreativbereich so. Entsprechend ernst nimmt der Assistent seine Aufgaben. Er ist die Zuverlässigkeit in Person – würde ein Fototermin ausfallen, weil der Assi ein Problem mit der Gesundheit seiner Großmutter hat, wäre das sein Ende. Er ist körperlich fit, friert quasi nie, isst und trinkt nur am Ende – überspitzt gesagt, er weiß stets wo jedes Ausrüstungsteil gerade liegt und welches als nächstes gebraucht wird. Er ist sich nicht zu Schade Handlangerjobs zu erledigen, mal was Vergessenes aus dem Auto zu holen oder eine in den Matsch gefallene Softbox zu reinigen. Im Gegenzug ist der Assistent das verlängerte Gehirn des Fotografen, nirgends lernt er mehr. Seine To-Do-Anspannung ist für ihn permanent spürbar. Nach dem Shooting ist er daher manchmal der Ausgepowertste.

Wieviele Assistenten hat ein Fotograf in seinem Telefonbuch stehen? Ein paar. Aber er wird vorrangig zumindest eine zeitlang immer mit dem gleichen arbeiten und nur auf Assi2 oder Assi3 ausweichen, wenn Super-Assi nicht kann. Es gibt erfolgreiche Fotografen, die haben eine eigene Produktionsfirma auch zur Koordinierung von Assistenten und terminieren Fotojobs um, wenn Assistenten nicht wie gewünscht verfügbar sind. Sie würden niemals mit nichteingespielten Teams zu einer Produktion fahren.

Was verdient ein Assistent? Immer: Respekt und Dankbarkeit, bei gut bezahlten Pay-Jobs auch ein gut bezahltes Honorar – bei freien Projekten und bei einem gegenseitigen Fotografen/Assistenzwechsel ist das natürlich anders. Ein guter Assistent verdient es ebenso wie der Stylist bei den Produktionsdaten namentlich genannt zu werden.

Wie wird man Assistent? Durch Anfrage bei Fotografen, und man muss sich auch hier hochangeln. Jeder Fotograf sollte auch hin und wieder Assistent sein, es tut ihm in jeder Hinsicht gut – dann gilt es zu beachten, der Fotograf ist der Kapitän, ihm als Assistent Ratschläge zu erteilen wäre Meuterei und ebenfalls sein Ende. Egal wie der Kenntnisstand und das eigene Interesse gelagert sind.

Zu meinen, Fotograf zu sein ist eine One-Man-Show ist also falsch. Auftraggeber, Kunden, Portraitierte werden auch eine gewisse Professionalität daran ablesen, ob ein Fotograf alleine oder im Team erscheint. Wer noch nie mit Assistenzen gearbeitet hat, fragt einen befreundeten Fotografen und bietet ihm im Gegenzug darauf folgend an zu assistieren!