Bei mir ist es so, wenn ich den Kopf frei habe, geht das Kopfkino an.

Hallo Harald, wir haben uns vor 2 Jahren kennengelernt, willst Du unseren Lesern einleitend etwas über Dich erzählen?

Gerne. Ich komme ursprünglich aus Ramsberg, einem kleinen Dorf am großen Brombachsee. Meine berufliche Ausbildung im grafischen Gewerbe hat mich schon früh zur analogen Fotografie gebracht. Hier hatte ich viel Kontakt mit Printobjekten und schon dort habe ich verstanden was Bilder bewirken können. Als 74´er Jahrgang habe ich die analoge Welt mit auf den Weg bekommen. Nach einigen beruflichen Veränderungen und Ortswechseln habe ich früh gemerkt, dass ich von der Welt etwas sehen möchte.

Welche Bilder oder fotografische Ideen hast Du zur Zeit im Kopf?

Zur Zeit arbeite ich mal wieder an mir selbst. Bei mir ist es so, wenn ich den Kopf frei habe, geht bei mir das Kopfkino an. Ich werde in den nächsten Wochen wieder eine Reise nach Istanbul unternehmen um Ideen zu sammeln. Noch dieses Jahr steht für mich das Projekt 52 an, hier möchte ich 1mal die Woche einen interessanten Menschen porträtieren, ohne großen technischen Aufwand. Das Projekt ist nicht neu, reizt mich aber sehr.

Kann Fotografie die Wirklichkeit widerspiegeln?

Das kommt auf den Fotografen an der das Bild festhält. Bei unserer letzten Reise in den Oman Ende 2012, haben wir eine klasse Urlaubsbekanntschaft gemacht, die uns erzählt hat, Sie arbeitet unter anderem für Ärzte ohne Grenzen. Seit diesem Zeitpunkt befasse ich mich verstärkt mit Reportagefotografie aus Krisenregionen.
Ein klares JA, Fotografie kann die Wirklichkeit widerspiegeln und Emotionen wecken. Eine zu starke Bildbearbeitung hat mich noch nie wirklich angesprochen, ganz ohne komme ich aber auch nicht aus (lächelt).

Welche Objektive setzt du ein und warum?

Ich habe zwei Festbrennweiten und ein paar Zooms. Am liebsten arbeite ich gerade mit meinen fixen Brennweiten 50 mm und 35 mm. Hier habe ich genug Raum um mit der Blende zu spielen und bin gezwungen mich zu bewegen.
Natürlich darf auf meinen Reisen das kleine Monster 80-200 mm Ultraschall von Nikon nicht fehlen. Dieses Glas hat mir schon sehr gute Dienste geleistet, trotz des Alters bin ich der Meinung, es kann mit den neuen gut mithalten und ist wesentlich robuster.

Hast du ein fotografisches Vorbild, oder eine Stilrichtung?

Im Grunde nicht; ich schaue mir aber gerne Bilder von anderen Fotografen an. Als Vorbilder würde ich das nicht sehen, eher als Inspiration für meine eigenen Arbeiten. Zu den bekannten darunter zählen Bryan Adams und Paul Ripke, oder auch nicht so bekannte Namen wie der Münchner Fotograf Ron Maass. In der Reisefotografie finde ich Tom Ang sehr gut.

Harry, Du erzählst gerne und fasziniert von Deinen Reisen…

Die Eindrücke die du auf Reisen sammelst kann Dir keiner nehmen. Vorrangig möchte ich auf unseren Reisen die ich mit meiner Lebensgefährtin unternehme, Länder und Kulturen kennenlernen. Für uns ist ein Pauschalurlaub etwas schreckliches, du nimmst ein Land mit seinen Menschen ganz anders wahr, wenn Du auf eigene Faust planst und losziehst. Ich möchte Menschen fotografieren. Festzuhalten wie sie leben, arbeiten und empfinden – wenn man seine eigene Geschichte erzählt, sehe ich das spannender an, als Landschaften zu fotografieren, die schon 100 mal abgelichtet wurden.

Wie stehst Du zu Technik und Equipment?

Ohne Zweifel: mit der heutigen Technik und Entwicklung in der Fotografie, hast Du Möglichkeiten, die vor 5-6 Jahren sehr teuer und schwer umzusetzen waren. Jedoch muss ich eingestehen, dass mich Technik oder Formeln wenig interessieren. Ich jage nicht jedem Pixel hinterher, und auch ein leicht unscharfes Bild kann sehr interessant sein. Natürlich muss man ein grundlegendes Wissen in der Fotografie haben, ich fotografiere aber lieber ohne Auswertungstabellen, aus dem Bauch heraus.

Was auch ich erst lernen musste, ist bewusster zu fotografieren, manchmal erwische ich mich noch, da kommt man mit 200 Bildern nach Hause und es ist nichts dabei, wo du sagst, ‚ja sehr gut‘. Dann machst du nur 50 Fotos und genau hier sind die 3 Fotos dabei, die du haben wolltest, daher gebe ich unseren Schülern als allererstes mit auf dem Weg, überlegt Euch genau was Ihr fotografieren wollt.

Zum Equipment habe ich neulich einen schönen Spruch von Roman Tripler gelesen: Ich mache mir relativ wenig Sorgen ums Material, solange es funktioniert.

Ich jage nicht jedem Pixel hinterher, und auch ein leicht unscharfes Bild kann sehr interessant sein. Natürlich muss man ein grundlegendes Wissen in der Fotografie haben, ich fotografiere aber lieber ohne Auswertungstabellen, aus dem Bauch heraus.

Warum zählst Du Fotografieren zu Deiner Leidenschaft?

Mich interessiert, Erlebtes zu dokumentieren, anderen zu zeigen was ich erlebt und gesehen habe. Die Fotografie ist für mich der richtige Ausgleich zum Tagesgeschäft in der Druckbranche die ich mit Leidenschaft betreibe. Ein Bild entsteht nicht schnell mal so zwischen zwei Terminen, ein gutes Bild braucht Ruhe und einen freien Kopf.
Außerhalb der Reisefotografie beschäftige ich mich seit gut zwei Jahren verstärkt mit der Portraitfotografie, hierbei fasziniert mich der fotografische Dialog mit Menschen.

Was zeichnet aus deiner Sicht ein herausragendes Foto aus?

Eine allgemeingültige Definition gibt es hier nicht, jeder Mensch sieht das mit anderen Augen. Ein Foto muss den Betrachter in seinen Bann ziehen, emotional berühren oder bewegen. Klingt etwas hochtragend, vielleicht mit anderen Worten: … wenn man ein Foto ein zweitesmal in die Hand nimmt, ist es für mich gelungen.

Was wird die nächste Anschaffung für deinen Fotokoffer werden?

Ein kleines Kästchen an dem ich drehe und mehr Zeit habe zu fotografieren. Spaß beiseite, eine Immer-Drauf-Linse 24- 70mm 2.8 fehlt noch in meinem Koffer.

Ein kurzer Fototipp, der in keinem Buch steht?

Zögere nicht im richtigen Moment den Auslöser zu drücken.