Ein Bildband von Lajos Keresztes und Texten von Siegfried Grillmeyer
erschienen im Echter Verlag

Der gebürtige Ungar, Fotograf und Fotokünstler Lajos Keresztes feierte vor wenigen Wochen seinen 80. Geburtstag und veröffentlichte dieser Tagen seinen 30. Bildband.

Lajos Keresztes, der Altmeister der differenzierten fotografischen Sichtweisen und hochdotierter Fotopreisträger, lenkt mit einer neuen Werkserie und dem druckfrischen Bildband WERT_STOFF_WANDLUNG unsere Aufmerksamkeit in Richtung ‚Müll‘. Keresztes sagt: „Müll ist Materie am falschen Ort. alleine die führenden 34 Industrienationen verursachen rund 1,6 Millionen Tonnen Abfall, die allesamt Wertstoffe sind, und Meere, Städte und Landschaften belasten.“

Sein analytisches Auge zerlegt unser Gemeinverständnis von Abfall und fördert auf subtile Weise Kunst zu Tage. Lajos recycelt Müll zu Kunst, die oft einen zweiten oder dritten Blick erfordert. Eine Serie von beeindruckenden Arbeiten, die im Laufe der letzten Jahre mit großer Weisheit entstanden sind, zu denken veranlassen und vielleicht den einen oder anderen auch zum Umdenken bringt.

Die letzten Jahre hat Lajos Keresztes viel Zeit auf Müllhalden in verschiedenen Ländern verbracht und fotografierte einerseits pure, gigantische Mengen Abfall, andererseits filigrane, versteckte Formen, Muster und Texturen, die allesamt ihre Sprache sprechen. Herausgekommen sind einige Hundert großformatige Fotografien und Bearbeitungen, oft zu grafischen Elementen kondensiert, die in ihrer seriellen Fortsetzung und Gegenüberstellung von Bildpaaren den Betrachter zum verursachenden Konsumenten und Verantwortungsträger reduzieren. Keinesfalls sind seine Fotografien aber anprangernd, vielmehr zeigen sie unbekannte, verborgene optische Schätze und wecken so Wertschätzung zur Weiterverwendung in uns.

Lajos Keresztes bei seiner Ausstellung und Buchvorstellung in der Nürnberger Müllverwertung im Oktober 2013.

In diesem Sinne ist auch das Motto des Buches „Wert-Stoff-Wandlung“ zu verstehen, wobei die Rolle der Wandlung auch eine metaphysisch-gesellschaftliche ist. Der bekannte Autor, Siegfried Grillmeyer hat dies in seinen begleitenden Worten richtig erkannt, und spricht „… vom Brückenschlag des Mülls zur Kunst – eine Kunst mit dermaßen großer Intensität, so daß das Reale verschwimmt und sich selbstentfaltende Ästhetik und gestalterische Kraft entwickelt…“

Unser Fazit:

Das Coffe-Table-Book ist gleichsam Begleitkatalog einer Reihe von Ausstellungen in ganz Europa.

Fotografie ist eine Herzensangelegenheit – diese Thesis kommt gerade neuen im Buch von Lajos Keresztes voll zum Tragen, denn rational läßt sich der Schönheit von Müllbergen sicher nichts abgewinnen. Möge dieses Buch allen Fotobegeisterten und Bildästheten eine 192-seitige Anleitung zum genauen Hinsehen sein, ein Leitfaden für das eigene Erkennen. (tg)